1. Die richtigen Leute am richtigen Ort haben
Die Zusammensetzung und Dynamik des Führungsteams („Führungskreis“ oder „Leitungskreis“) sind entscheidend, um es langfristig zu Höchstleistungen zu führen. Bereits in den ersten Wochen muss die Führungskraft:
- die Schlüsselpersonen im Team identifizieren: Wer treibt den Erfolg voran? Wer könnte Prozesse verlangsamen? Gibt es Teammitglieder, die in einer anderen Rolle ihr Potenzial besser entfalten könnten? Welche Kompetenzprofile fehlen noch?
- für ein leistungsfähiges Führungsteam sorgen: Prüfen, ob sich die vorhandenen Stärken im Team sinnvoll ergänzen. Falls nicht, gezielt Maßnahmen ergreifen, um aus der Gruppe eine schlagkräftige, gut abgestimmte Einheit zu formen.
Beispiel: Unmittelbar nach seiner allerersten Amtsübernahme gingen wir mit L** die fünf Managing Directors der Länder durch, die er nunmehr leitet. Der MD eines der Länder scheint von fast allen seinen Mitarbeitern abgelehnt zu werden. Verschiedene Methoden helfen dabei, die Management- und Führungsqualität der Geschäftsführer zu bewerten. Insbesondere als L** den Grad der Ausrichtung dieses MDs an den drei Unternehmenswerten des Unternehmens schätzt, kommt er zu einem äußerst schwachen Durchschnittsurteil. Einige Tage später bittet er seine beiden Vorgesetzten (den hierarchischen und den funktionalen), das Gleiche zu tun. Das Ergebnis ist fast identisch. Unmittelbar nach dem ausgehandelten Ausscheiden des MD finden die Teams der betreffenden Tochtergesellschaft zu einer positiven Energie und Motivation zurück, die sie drei Jahre lang vergessen hatten; L** hat sich ihren Respekt und den seiner Vorgesetzten verdient.
2. Ein „Quick Win“-Projekt konzipieren und durchführen
Um schnell Glaubwürdigkeit aufzubauen, sollte die Führungskraft ein leicht umsetzbares Projekt mit sofortiger Wirkung („low hanging fruit“) starten. Dieses Projekt muss:
- sichtbar sein und innerhalb von drei bis sechs Monaten konkrete Ergebnisse liefern.
- mehrere Abteilungen zusammenbringen, um die interne Zusammenarbeit zu fördern.
- eine positive Botschaft an die Mitarbeiter und den Mutterkonzern senden.
Beispiel: Als neuer Geschäftsführer einer deutschen Hightech-Tochtergesellschaft ist A** sofort von der Idee begeistert, einen multidisziplinären „Innovation Day“ mit sieben Mitgliedern seines Teams zu veranstalten. Einer der drei strukturierten Prozesse, die ich vorschlage, führt zu einer Klassifizierung der neuen Ideen nach der Aufwand-Nutzen-Matrix. Das Team generiert 7 „low hanging fruits“-Ideen und beschließt, zwei davon sofort umzusetzen, die mehrere Abteilungen des KMU zu einer viel innovativeren Vision zusammenführen: eine eigene digitale Anwendung für das KMU sowie ein Projekt zur Finanzierung innovativer Entwicklungen durch die Region. A** erwirbt auf seiner Website schnell das Image eines „hands on“-Führungskräften, eines Machers, der voranschreitet.
3. Strategischen Rahmen der Tochtergesellschaft analysieren und anpassen
Die Führungskraft muss die Mission, Ziele und Vision der Tochtergesellschaft in Einklang mit den Richtlinien der Muttergesellschaft bringen:
- Wie groß ist der lokale Handlungsspielraum?
- Wie hoch sind das Verständnis und die Zustimmung des Führungsteams und allgemein der Mitarbeiter der Tochtergesellschaft in diesem strategischen Rahmen?
- Wie gut sind die laufenden strategischen Baustellen mit den Ambitionen des Konzerns für die Tochtergesellschaft vereinbar?
Ein Erfahrungsbericht, der diese Beobachtungen zusammenfasst und Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt, ist ein wertvolles Instrument für den Dialog mit der Muttergesellschaft.
Beispiel: O** ist der deutsche Geschäftsührer der deutschen Tochtergesellschaft eines französischen industriellen ETI. Er hat das Gefühl, dass seine lokalen Teams, etwa 200 Personen, sich nicht wirklich an die von ihrer Muttergesellschaft definierte „Corporate Mission“ halten, die manchmal als zu theoretisch angesehen wird. Er bat mich, ein Team von fünf Freiwilligen, die die meisten Abteilungen des deutschen Standorts repräsentierten, zu coachen, um die Mission der Tochtergesellschaft zu definieren, unter der einfachen Prämisse, nicht in direkte Konfrontation mit der Mission des ETI zu treten. Einer der Vertreter des Betriebsrats ist in die Gruppe integriert, was letztendlich die Akzeptanz des lokal mitproduzierten Auftrags durch die gesamte Belegschaft erleichtert. O** stärkt so die Wahrnehmung seiner Teams am deutschen Standort und hebt gleichzeitig das Niveau des Dialogs mit seiner französischen Muttergesellschaft an.
4. Unternehmenskulturen zwischen Tochter- und Muttergesellschaft abstimmen
Kulturelle Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland beeinflussen das Management erheblich. Die Führungskraft sollte daher:
- die Unterschiede in der Managementkultur analysieren.
- ihr Team für die Erwartungen und Arbeitsweisen des Konzerns sensibilisieren.
- eine reibungslose Kommunikation zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft fördern.
Beispiel: In der deutschen Tochtergesellschaft dieses französischen Konzerns, der auf Hightech-Materialien spezialisiert ist, sieht C**, sobald sie ihre administrative Funktion übernommen hat, ihren Führungsstil von einem Teil ihres Teams in Frage gestellt, insbesondere weil sie anscheinend zu sehr die zentralisierte Philosophie des französischen Mutterunternehmens umsetzen will. Wir wählen gemeinsam den KISS-Interviewprozess (Keep, Improve, Stop, Start), den ich auf ihr Team von einem Dutzend Personen anwende. Anhand einer anonymisierten Zusammenfassung konfrontiere ich C** und ihr Team mit den Ergebnissen und führe sie dann zu einem Commitment über drei Verbesserungen ihrer kritischsten Verhaltensweisen. Durch die Akzeptanz eines partizipativeren Führungsstils beruhigt C** ihr Team vor Ort und bewahrt gleichzeitig das Vertrauen ihrer Muttergesellschaft.
Beispiel: Als neue Direktorin eines deutsch-französischen Instituts in Berlin, das über 100 Doktoranden betreut, wird E** mit ihren beiden „rechten Händen“, einem Franzosen und einem Deutschen, konfrontiert, die gerne ihren Job an ihrer Stelle gehabt hätten. Als Zweckverbündete gehen sie so weit, dass sie ihre männliche Komplizenschaft dazu benutzen, um zu versuchen, sie zu destabilisieren, was sie auf ein sehr hohes Stressniveau bringt. Bereits im ersten Coaching-Workshop zu diesem Jobwechsel mache ich E** bewusst, welche Macht ihr die Statuten ihrer neuen Funktion in diesem deutschen Umfeld wirklich verleihen. Nach drei Sitzungen fühlt sie sich gut erholt und bringt ihre Vorrechte mutig voran, zunächst in Einzelgesprächen mit jedem ihrer Stellvertreter, dann zu dritt im Format eines Führungsteams. Nach drei Monaten treten sie schließlich in die Reihe und akzeptieren ihre Führung voll und ganz. E** kann nun den Kopf frei haben für ihre Lieblingsaufgabe: die Strategie des Instituts für die nächsten drei Jahre zu entwerfen…