Know-How

Zu vermeidende Fallstricke vor dem closing

Die Gründe für den Erfolg oder Misserfolg von M&A-Deals variieren je nach Quelle. Sie lassen sich jedoch in die folgenden zehn Hauptkategorien einteilen:

1. Unzureichende Analyse von Alternativen zur Akquisition

Bevor eine M&A-Transaktion angestrebt wird, sollten folgende Fragen kritisch beleuchtet werden:

  • Warum wurde eine Akquisition gegenüber anderen Optionen, wie dem Aufbau einer internen Aktivität oder einer „Intrapreneurship“-Lösung, bevorzugt?
  • Inwieweit hat der CEO gemeinsam mit dem Vorstand diese Entscheidung hinterfragt?
  • Welche Beweggründe lagen der Entscheidung zugrunde?
  • Wie und von wem wurden Risiken analysiert und gegeneinander abgewogen?

2. Fehlende strategische Passung des Erwerbers

Ein guter strategischer Fit zwischen Erwerber und Zielunternehmen ist entscheidend für den Erfolg einer M&A Transaktion. Besonders hoch ist die Erfolgswahrscheinlichkeit, wenn sich Unternehmen innerhalb derselben Branche zusammenschließen, beispielsweise direkte Wettbewerber.

Problematisch wird es, wenn die Entscheidung primär aus opportunistischen Gründen oder unter Zeitdruck getroffen wird. Je klarer und einfacher die strategische Begründung der Akquisition formuliert werden kann, desto sinnvoller und durchdachter ist der Zusammenschluss.

3. Unzureichende Vorbereitung der gewünschten Unternehmenskultur

Viele CEOs unterschätzen die Bedeutung kultureller Unterschiede zwischen den fusionierenden Unternehmen (Unternehmenswerte, Führungsmodelle, etc.) oder wissen nicht, wie sie diese aktiv managen sollen. Doch gerade diese Faktoren beeinflussen den Zusammenhalt und die Motivation der Teams erheblich. Es reicht nicht aus, lediglich ein Zielbild der künftigen Unternehmenskultur zu definieren – es muss aktiv gelebt und langfristig implementiert werden.

Es geht nicht nur darum, zu entscheiden (in einem manageriellen, partizipativen oder autonomen Organisationsmodus, siehe dazu das Tool „Open-Decide“), wie das Kulturmodell der neuen Einheit aussehen wird (z. B. eine Assimilation ihrer Kultur durch die des Käufers), sondern darum, es im Laufe der Zeit strategisch zu steuern und weiterzuentwickeln.

Besonders bei internationalen Deals, etwa zwischen deutschen und französischen Unternehmen, wird empfohlen, intensiv mit einer lokalen, idealerweise bikulturellen Partnereinheit zu arbeiten und diese in das Projektteam einzubeziehen.

4. Wenig Bewusstsein für den Einfluss von Management-Egos

Das Ego von Top-Managern spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Einige fokussieren sich auf den persönlichen Gewinn, den sie aus der Transaktion ziehen können, sei es in Form von:

  • Macht- und Einflussgewinn
  • Der Leitung einer größeren Organisation
  • Statusverbesserung
  • Höheren finanziellen Anreizen
  • Erhöhter Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt

Ein übersteigertes Selbstvertrauen (Hybris) kann dazu führen, dass Entscheidungsträger an den Erfolg einer Transaktion glauben, selbst wenn objektiv betrachtet geringe Erfolgschancen bestehen.

Darüber hinaus sind die individuellen und kollektiven Management-Profile der beteiligten Top-Führungskräfte oft nicht aufeinander abgestimmt. Mangels gezielter Selbstreflexion und Teamarbeit vor dem Deal (siehe dazu das Tool „Management Drives“) fehlt es häufig an einem Bewusstsein für die gegenseitigen Stärken und potenziellen Synergien. Statt produktiver Zusammenarbeit entstehen dadurch eher Ambitionskonflikte, die den Integrationsprozess erheblich erschweren können.

5. Unrealistische oder unzureichende Planung der Synergien

Häufig werden Synergien überschätzt, was nach dem Closing zu Enttäuschungen und ungeplanten Mehrkosten führt. Die tatsächlich erzielten Synergien erweisen sich als geringer als erwartet, aber selbst wenn sie vorhanden sind, führt eine zu geringe Planung vor dem Abschluss oft zu zusätzlichen Kosten. Im schlimmsten Fall kann dies sogar zur Rückabwicklung der Transaktion führen („de-merge“).

Eine bewährte Methode ist die frühzeitige Einbindung des Integrationsteams bereits in der Due-Diligence-Phase,  um die Planung zu optimieren und der Durchführung der PMI-Phase mehr Erfolgschancen zu geben.

6. Überschätzung des Akquisitions-Businessplans

Besonders bei stark fremdfinanzierten Deals besteht die Gefahr, dass das Management aufgrund einer hohen Verschuldung unter Druck gerät, umgehend die Betriebskosten zu senken. Es ist zudem nicht unüblich, dass der Käufer bei der Bewertung der potenziellen Synergien einer Integration wenig konservative oder sogar unrealistische Prämissen annimmt.

Allerdings werden Business-Pläne auf der Basis des prognostizierten Umsatzwachstums oft überschätzt. In diesem Fall sollte man sich bei der Unternehmensbewertung nicht allein auf die Angaben des Targets verlassen, sondern im Gegenteil jede der vorgeschlagenen Prämissen sorgfältig prüfen.

7. Fehler bei der Vertragsverhandlung

Eine zu hoch angesetzte Prämie für das Zielunternehmen kann kurzfristig den Aktienkurs des Erwerbers belasten, während nur die Aktionäre des Zielunternehmens profitieren.

Für den Käufer ist es von Vorteil, mit Hilfe eines multidisziplinären Teams bereits vor den Verhandlungen ein klares Limit für das Gebot festzulegen und sich diszipliniert daran zu halten.

8. Defizite in der Durchführung der Post-Merger-Integration (PMI)

Eine Akquisition zu tätigen ist einfach, ihre erfolgreiche Umsetzung hingegen eine Herausforderung. Ohne die notwendigen Fähigkeiten und Ressourcen scheitert die Integration oft an fehlender strategischer Kohärenz und mangelndem Zusammenhalt der neuen Organisation. Zahlen und KPIs werden unweigerlich darunter leiden, und „Key People“ könnten beginnen, das Unternehmen zu verlassen.

Ein konsequentes Change-Management und transparente Kommunikation sind entscheidend, um Mitarbeiter und externe Partner auf dem Weg der Transformation mitzunehmen und langfristig zu binden.

9. Ungünstiges Timing

Fusionen und Übernahmen, die ganz am Ende eines anhaltenden Booms stattfinden, können für beide Unternehmen oft nachteilig sein. Aber auch ein rechtzeitig vor dem Beginn des Zyklusendes abgeschlossener Deal im gewählten Branchenmarkt wird stark von mangelnder Agilität und Tempo bei der Durchführung der PMI-Phase beeinflusst.

Längerfristig betrachtet hängt die Möglichkeit für Investoren, ihre Kapitalgewinne nach einigen Jahren um einen attraktiven Faktor zu vervielfachen, direkt mit der Qualität des Top-Managements des neuen Unternehmens zusammen. Entscheidend ist insbesondere dessen Fähigkeit, sich von Anfang an eine wünschenswerte Zukunft für das neue Unternehmen vorzustellen und es bereits im ersten Jahr nach dem Closing in die richtige Richtung zu steuern.

10. Unvorhersehbare externe Einflüsse

Offensichtlich hatte niemand die Finanzkrise 2009 oder die COVID-19-Pandemie vorausgesehen, und einige der zu diesen Zeiten abgeschlossenen Deals in den Verliererbranchen wurden erheblich erschüttert. Dies verdeutlicht, dass externe Faktoren – ob makroökonomisch, gesetzgeberisch oder innerhalb der Wertschöpfungskette eines bestimmten Marktsektors – eine erhebliche Herausforderung für CEOs darstellen.

In einer zunehmend volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Welt (VUCA-Welt) ist es daher essenziell, ein gewisses Maß an Flexibilität in die strategischen Planungen einzubauen. Entscheidungen über den richtigen Zeitpunkt einer M&A-Transaktion können nie mit absoluter Sicherheit über alle relevanten Parameter getroffen werden, was das Risiko unerwarteter negativer Einflüsse weiter erhöht.

 

Fazit: erfolgreiche M&A Transaktionen

Diese zehn Faktoren sollten Unternehmer nicht davon abhalten, M&A-Transaktionen in einem Marktumfeld zu tätigen, das sich durch veränderte Dynamiken, etwa bedingt durch die Pandemie, stark gewandelt hat. Vielmehr haben sich die Rahmenbedingungen in vielen Fällen zugunsten der Käufer verschoben.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer strategisch durchdachten Post-Merger-Integration. Unternehmen, die sich der potenziellen Stolpersteine bewusst sind und sich frühzeitig professionelle Begleitung sichern, haben eine deutlich höhere Erfolgschance. Indem sie typische Fehler vermeiden und eine langfristige Perspektive einnehmen, können sie den nachhaltigen Wert ihrer Akquisition maximieren und das Fundament für eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft legen!

Die Strukturen von vif Solutions begleiten seit über 20 Jahren erfolgreich Unternehmen und öffentliche Institutionen auf dem deutschen und dem französischen Markt.

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Ihre Kontaktperson

EXECUTIVE COACH

Michel Lanfranca